Bremen, den 23. Februar 2024: In weniger als einem Monat startet die 37. International Cotton Conference Bremen. Auf die etwa 400 Tagungsteilnehmer wartet in Bremen wie online eine spannende Mischung von wissenschaftlichen und praxisnahen Themen aus der internationalen Baumwolllieferkette.
Baumwollqualität – vom Feld über die Entkörnung bis zur Spinnerei
Die Garn- und Rohstoffqualität ist die Grundlage textiler Erzeugnisse jeder Art. Mit dem Fokus auf Baumwollqualität und ihrer Prüfung, dem Einfluss von Entkörnung und der Reinigung in der Vorstufe sowie auf Innovationen in der Spinnereitechnologie widmet sich die Tagung ihrem Ursprung. Wissenschaftler als auch Praxisexperten aus aller Welt präsentieren die neusten Entwicklungen und vielversprechenden Forschungsergebnisse. Dazu zählt die erfolgreiche Verspinnung der Naturfasern Hanf und Baumwolle, aber auch, dass die Qualität von Garnen immer weiter verbessert wird.
Qualitätserzeugung in Spinnerei- und Textilverarbeitung
Die Ringspinnerei zählt zu den führenden und vielseitigsten Verfahren bei der Erzeugung von Garnen aus unterschiedlichen Materialien. Dennoch liegt sie bezogen auf die Produktivität hinter anderen Techniken zurück. Der Grund: Im Prozess entsteht Reibungswärme von bis zu 400 Grad Celsius, die häufig zu Fadenbrüchen mit Maschinenstillständen und einer Beeinflussung der Garnqualität führt. Mahmud Hossain vom Institut für Textilmaschinen und Hochleistungsmaterialien an der Technischen Universität Dresden stellt ein gemeinsam mit dem Leibnitz-Institut Dresden entwickeltes Verfahren vor, welches die Reibung beim Verzwirnen von Spinnfäden eliminiert, so dass selbst bei hohen Verarbeitungsgeschwindigkeiten von bis zu 50.000 U/min hochwertige Garne aus Natur- und Chemiefasern hergestellt werden können.
Hanf und Baumwolle in der Verspinnung: Im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatten gewinnt das Verspinnen von Hanf in der Mischung mit Baumwollfasern mehr und mehr an Bedeutung. Ralf Müller vom Textilmaschinenhersteller Trützschler, Mönchengladbach, verdeutlicht in seiner Präsentation, wie die Naturfasern gemeinsam zu Qualitätsgarnen versponnen werden können.
Mit großer Spannung darf der Vortrag von Jaswinder Bedi erwartet werden. Er ist einer der führenden Köpfe diverser Textilverbände des afrikanischen Kontinents. Gleichzeitig leitet er als geschäftsführender Direktor die Bedi Investments Ltd. und ist Excecutive Director der Fine Spinners Uganda Ltd. Im Rahmen seiner Tätigkeit arbeitet er stetig an der Entwicklung von vertikal integrierten Strategien vom Baumwollanbau bis zum fertigen Produkt. Dadurch generiert er Exportchancen für hochwertige Textilprodukte, hergestellt in afrikanischen Ländern.
Baumwollqualitätsprüfung – vom Feld bis zur Vorstufe
Immer wieder auftretende Probleme mit der Klebrigkeit von gelieferter Baumwolle führen zu erheblichen Störungen im Prozessablauf und mindern die Produktivität der Prozesse in der Textilindustrie. Seit Jahren nimmt die Bedeutung der Forschung an Methoden zur exakten Feststellung des Klebrigkeitsgrades von Baumwolle zu. Hier hat sich insbesondere das International Committee on Cotton Testing Methods (ICCTM) einen Namen gemacht hat. Jean-Paul Gourlot vom Zentrum für internationale Zusammenarbeit in der Agrarforschung und Entwicklung (CIRAD) im französischen Montpellier präsentiert als Mitglied im ICCTM die neusten Ergebnisse.
Mourad Krifa von der Kent State University, Oklahoma, USA macht deutlich, wie typische Verunreinigungen von Saatbaumwolle z. B. durch Blatt- und Borkenreste, Gras oder Saatschalenreste sowie Schmutz die Prüfergebnisse von High Volume Instrument-Tests beeinträchtigen können. Dabei geht er auf den Einfluss einzelner Schmutzpartikelarten auf die Testergebnisse ein.
Deninson Lima vom brasilianischen Baumwollverband ABRAPA in Brasilia berichtet über die Entwicklung des ‚Standard Brazil HVI-Programms‘ (SBRHVI). Im internationalen Wettbewerb trieb ABRAPA eine einheitliche, den internationalen Standards entsprechende instrumentelle Qualitätsprüfung voran. Die konsequente Nutzung moderner Testverfahren und die dadurch mögliche verlässliche Qualitätskennzeichnung führte seit 2017 führte zu einer Stärkung des wirtschaftlichen Wertes des Rohstoffes.
Efstratios Fragkotsinos vom Prüfinstrumentenhersteller Uster Technologies aus der Schweiz hebt die Bedeutung des Baumwollballenmanagement in Spinnereien hervor. Dabei sind seiner Meinung nach die Qualität und gleichzeitig die Profitabilität im Blick zu behalten. Der Baumwolleinsatz kann im Hinblick auf gewünschte Faser- und zu erzielende Garnqualitäten sowie auch bei den genutzten Lagerflächen optimiert werden.
Baumwollentkörnung und ihr Einfluss auf die Faserqualität
Die Feuchtigkeitsregulierung spielt bei der Verarbeitung von Baumwolle eine entscheidende Bedeutung. Justin Kühn vom Institut für Textiltechnik an der RWTH Aachen Universität stellt die Frage, ob die Methoden zur Regulierung der Feuchtigkeit des Rohstoffs in der Spinnereivorstufe oder im Entkörnungsprozess einen entscheidenden Einfluss auf die Faserqualität haben. Er stellt dazu die Ergebnisse neuester wissenschaftlicher Forschungen vor. Nach seiner Beobachtung wird ein Feuchtemanagement bislang noch selten in frühen Prozessstufen der Verarbeitung von Naturfasern praktiziert.
Marinus van der Sluijs von Textile Technical Services in Australien vergleicht in seiner Präsentation die Resultate der Reinigung von Baumwolle auf der Stufe der Entkörnung mit denen innerhalb der Vorstufen in der Spinnerei. Dies insbesondere im Hinblick auf das gewünschte Qualitätsergebnis für den Rohstoff zu seiner weiteren Verarbeitung. Die auf den ersten Blick verblüffende Schlussfolgerung lautet: Mit Baumwolle, die am wenigsten gereinigt wurde, lassen sich, unabhängig vom der gewählten Reinigungsstufe, Garne in besserer Qualität herstellen. Im Mittelpunkt dieses Vortrags steht die Frage, ob eine moderne Putzerei in der Spinnerei mit höheren Abfallmengen umgehen kann und welche möglichen Vor- und Nachteile sich daraus sowohl für den Baumwollproduzenten als auch für die Spinnerei ergeben.
Derek Whitelock vom USDA-ARS Southwestern Cotton Ginning Research Laboratory La Cruces, New Mexico, USA stellt in einem Vortrag die Ergebnisse neuerer Tests seines Institutes mit unterschiedlichen Typen von Entkörnungsmaschinen zur Verfügung. Dabei wurde die erzielte Materialqualität von Pima- und Upland-Baumwolle verglichen.
Jaya Shankar Tumuluru vom Southwestern Cotton Ginning Research Laboratory des USDA-ARS klärt im Rahmen einer Studie darüber auf, wie sich der Einsatz eines pneumatischen Fraktionierers für die Baumwollentkörnung auf die Faserqualität von Upland-Baumwolle auswirkt. Die so verarbeiteten Fasern wurden mit HVI-Methoden auf ihre Qualität hin untersucht. Zusätzlich zu den HVI-Ergebnissen zeigen Oberflächendiagramme auf der Grundlage der experimentellen Daten die Beziehung zwischen den Prozessbedingungen und den HVI-Eigenschaften auf.
Download der Pressmitteilung: Fokus Baumwollqualität – unsere DNA